Der TSV Sellstedt in der Antarktis

Larsen C - PS118 - TSV Sellstedt auf FS Polarstern in der Antarktis

„PS118 - schon jetzt Legende! Die Alten werden in 1000 Jahren noch davon am Lagerfeuer erzählen!“ Zitat Tibor Fischer, 2. nautischer Offizier auf RV Polarstern.

TSV Sellstedt im ewigen Eis des Weddellmeeres, Antarktis, Foto: K. Jerosch

Nun bin ich schon 2 Monate wieder von Bord, aber es vergeht kein Tag, an dem ich nicht - in welcher Form auch immer - an PS118 erinnert werde. PS118 steht für 118. Expedition des Forschungsschiffes FS Polarstern. Sei es die Nachfrage der AWI Reisekostenstelle, der Kefir Spross Albert, ein Song, eine Nachricht von PS118 Teilnehmern, ein Meereis-Gruppen-Grillen…. aber mal lieber von vorne:

Schwere wunderbare See
Foto: H. Griffiths, BAS.

Als es von dort endlich losging durch die super-stürmische Drake Passage, war bereits klar: diese Fahrt zum großen Eisberg A68 und Larsen C Eisschelf wird legendär! Das Team und die Stimmung waren trotz verzögerter Abreise dafür mit leckerem chilenischen Pisco Sour richtig, richtig gut!Eigentlich war ich ja im Auftrag des Volleyball-Teams in der Antarktis, um endlich mit unserem Wappen ein Foto im ewigen Eis zu machen. Vor dem 2.5 monatigen Abenteuer wurde mir feierlich ein „Denk-an-uns-Ball“ von meinen Volleyballer-Freunden überreicht und los ging’s auf die andere Seite der Welt zum Liegeplatz der RV Polarstern in Punta Arenas!

Rosamel Island, Antarctic Sound
Foto: K. Jerosch

Ich werde nie vergessen, wie es war, zum ersten Mal durch den Antarctic Sound ins Meereis gefahren zu sein. Bei tollem sonnigen Abendlicht standen alle an Deck oder auf der Brücke, das Meereis wurde immer dichter und wir waren mit einem Mal von unsagbar vielem Leben umgeben: Pinguine, Buckelwale, Zwergwale, Robben, … Egal, wo man hinguckte, überall gab es etwas zu sehen! Und natürlich Polarstern, die von der Besatzung liebevoll „Dicke“ genannt wird und die um Presseisrücken herum durch das Eis des Weddellmeeres brach. Ich kann das nur jedem empfehlen, das hat Suchtpotential!

Schneedichte-Messungen, Foto: E. Allhusen

Kurz darauf kam mein erster Einsatz für Schneedichte-Messungen auf dem Eis. Was für eine Aufregung! Was für ein Gerödel und Geschleppe an Ausrüstung zum Heli-Deck!!! Und natürlich nach getaner Arbeit auch wieder zurück!!! Bei all der körperlichen Arbeit, machte ich mir keine Sorgen um meinen Trainingszustand bei 2.5 Monaten kein Sellstedt-Volleyball. Ich hatte dann bei diversen Einsätzen unser Vereins-Wappen dabei – Auftrag ausgeführt! Wie man sieht, hat mir auch der Foto-Shoot auf dem Peildeck sehr viel Spaß gemacht.

TSV Sellstedt Foto-Shoot, Foto: G. Veit-Köhler

Das war übrigens an der südlichsten Stelle, die wir erreichen konnten (bei 65.5°S). Dann sind wie leider umgekehrt, um nicht in der Mausefalle Meereis den restlichen Südwinter im Weddellmeer zu verbringen. Am Ende haben wir zwar A68 nicht erreicht, aber das hat der guten Stimmung nur ein paar Tage Abbruch getan.

Neben dem alternativen wissenschaftlichen Programm im Powell-Becken gab es eine Menge Abwechslung von den sonst immer gleichen Schiffsabläufen: die 0-4, 4-8 und 4-12 Wachen, das Essen schnell und ohne viel Frisches - sonntags und donnerstags (Seemanns-Sonntag) Eis zum Nachtisch, freitags Fisch, samstags Eintopf. Die Shopping-Möglichkeiten waren zum besser merken  direkt an die Sauna-Belegung gekoppelt: montags und donnerstags harter Alkohol, Süßigkeiten und Frauensauna; dienstags und freitags soft-drinks und Herrensauna, mittwochs Souvenirs und gemischte Sauna J. Fast regelmäßig dienstags, donnerstags und samstags hatte die Bordbar Zillertal geöffnet, für deren Betrieb immer zwei Wissenschaftler gefunden werden mussten. Das war natürlich das kleinste Problem.

Für Sport-an Bord ist gesorgt, Foto: K. Jerosch

Ein fester Programmpunkt jeden Tages war die Sporteinheit, oft zusammen mit meinem „Kindergarten“, einer Gruppe von Studenten und Doktoranden. Zuerst dachte ich, wenn ich es schaffe, jeden zweiten Tag ein bisschen Sport zu machen, bin ich schon richtig gut, aber schon beim Warten, oder gerade wegen des langen Wartens zu Beginn in Punta Arenas, entstand diese Dynamik, mit der wir uns gegenseitig anstachelten, jeden Tag zu sporteln, wahlweise auf dem Fahrrad, Laufband, an den Geräten, am Boden, im Schwimmbad oder an der Tischtennis-Platte. Toll war, dass die Gruppe, die regelmäßig an Bord Sport trieb, immer größer wurde und sich bis heute immer noch sehr verbunden fühlt.

Bye-bye, RV Polarstern - legendäre PS 118
Foto: K. Jerosch

Nachdem ich im Jahre 2003 das erste Mal auf Polarstern in der Arktis war, und auch schon viel auf anderen Schiffen gefahren bin, muss ich alle Vorbehalte, die ich RV Polarstern gegenüber hatte, uneingeschränkt revidieren. Diese zwei PS118 Monate auf dem Eisbrecher waren mit großer Sicherheit das Beste, was ich tun konnte!

Helikopter einsatzbereit, Foto: K. Jerosch

Besonders das tagelange Im-Eis-Stecken-bleiben und das Wildlife um uns herum hat mich beeindruckt und mir klar gezeigt, wie beschränkt die heutige Technik gegenüber der großen Naturgewalt Meereis ist. Aber all die aufkommenden Komplikationen durch das im Vorhinein bekannte high-risk Unterfangen, Larsen C und A68 zu erreichen, gut zu überstehen, stand und fiel mit der Stimmung der Gruppe. Und die waren einfach grandios, beide: sowohl die Stimmung als auch die Gruppe.

Viele sportive und antarktische Grüße,

Kerstin